Papa, was machst du eigentlich?

5 Min. Lesezeit
10. Mai 2021

Teil 1: Der Service Manager

Meine Tochter im Vorschulalter kam neulich zu mir und fragte: „Papa, was arbeitest du eigentlich wirklich?" Ich hatte ihr ein Foto unseres Büros gezeigt und ihr fiel stirnrunzelnd auf, dass man dort gar keine Computer reparieren kann. Früher habe ich ihr nämlich immer geantwortet: „Der Papa repariert Computer." Als mich vor kurzem auch eine Freundin fragte, womit genau ich denn mein Geld verdiene, kam ich ins Grübeln. Denn die erste Antwort sorgte nur für komische Blicke. Verständlich: Jemand, der IT nur von seinem privaten Computer kennt, kann sich unter einem Service Manager einfach nichts vorstellen. Aber genau das bin ich: Ich arbeite als Service Manager.

It’s magic?

Wie beschreibe ich meinen Job nun am besten? Den ganz Kleinen erzähle ich weiter: „Der Papa, der repariert Computer." Das kann man sich gut vorstellen. Hier der kaputte Computer, da der Papa. Und hinterher kann man wieder Videos gucken.

Meine Tochter gibt sich damit nicht mehr ab. Die nächste Stufe wende ich also bei Vorschulkindern an. Sie klingt fast ein wenig magisch – nach Feen, Einhörnern und Zauberkraft: „Ich kümmere mich darum, dass die Menschen mit der Reparatur ganz glücklich sind. So, als wenn jemand dafür sorgt, dass dein Spielzeug so gut wie möglich wieder heil gemacht wird."

Jetzt wurde es schon schwieriger: Die Kinder meiner Nachbarn sind Teenager in der gymnasialen Oberstufe. Hier musste ich wirklich lange überlegen, bis mir die passende Analogie einfiel: „Ein Service Manager ist jemand, der genau weiß, was Du brauchst, um bei deinen Freunden gut anzukommen. Er sagt dir, welche Kleidung dein Gegenüber an dir toll finden würde und besorgt sie dir." Und nachdem Teenager durchaus kluge Menschen sind, ist von hier aus auch der Transfer möglich: „Ein Service Manager kennt seine Kunden und dessen Anforderungen an Computer und sorgt dafür, dass diese erfüllt werden." Der aufmerksame Leser merkt: Wir verwenden noch immer die Begrifflichkeit Computer. Denn, um zu verstehen, was ein IT-Service ist, braucht es eine zusätzliche Schippe Fantasie.

Einkaufsliste vs. Servicekatalog

Wie erkläre ich es nun der Freundin ohne tiefergehende IT-Kenntnisse? Der Einstieg ist noch leicht: „Ich bin bei einem IT-Dienstleister. Wir verkaufen Computer und Server und betreiben alles in eigenen Rechenzentren. Funktioniert etwas nicht wie es soll, ruft der Kunde an und wir kümmern uns darum." Soweit so einfach, weiter geht’s: „Service Manager arbeiten als Schnittstelle zwischen dem Kunden und der Technik.“ Wie bitte? Was ist denn eine Schnittstelle? Zweiter Versuch: „Stell dir vor, du kommst in einen Supermarkt und hast deine Einkaufsliste vergessen. Dann steht da diese Frau und fragt, ob sie dir helfen kann. Du sagst ja, und die Frau fragt dich nach deinen Familienmitgliedern, ihren Essgewohnheiten, deinen Lagerplätzen zuhause (Kühlschrank, Speisekammer, Tiefkühlung, ...). Daraufhin fällt dir plötzlich wieder ein, was daheim ausgegangen ist und was du kaufen wolltest. Sie schreibt alles für dich auf, gibt dir den Zettel und fungiert somit also Schnittstelle zwischen dir und dem Supermarkt."

Was noch fehlt ist der Transfer: „In der IT gibt es auch einen Supermarkt, nur heißt der Servicekatalog. Der Service Manager ermittelt mit dem Kunden, welche IT-Services aus dem Katalog dieser benötigt. Das kann ein neues E-Mail-System sein, ein Kassen PC oder etwas anderes, das dem Kunden bei seiner Arbeit hilft. Einmal ausgesucht, kümmere ich mich als Service Manager auch darum, dass die neue Anschaffung bestmöglich für den Kunden funktioniert.“ Ok, das klingt wieder nach magischer Fee und Zauberkraft, aber die Freundin weiß nun, was ich mache: Wahnsinnig viel kommunizieren. Auch das ist ein Teil der Jobbeschreibung.

Für jede Strecke das richtige Rad

Dann wäre da aber noch der Teil mit dem IT-Service. „Du fährst doch gerne Fahrrad, oder?“, habe ich sie gefragt. „Optimal wäre eins für den Berg, eins zum Schnellfahren und eins für den Weg in die Arbeit. Drei Räder zu kaufen ist aber wirklich teuer, zudem stehen zwei davon meistens im Keller. Warum mietest du dir nicht die Art von Rad, die du gerade brauchst? Nach der Nutzung gibst du es einfach wieder zurück.“ Das Konzept des IT Services funktioniert ganz ähnlich: Der Kunde baut die IT-Systeme nicht selbst, sondern „mietet“ diese und bezahlt nur den tatsächlichen Verbrauch – ohne, dass er sich um die Technik, den Betrieb und mögliche Risiken Gedanken machen muss. Meine Freundin entschied sich, nur das Fahrrad für den täglichen Arbeitsweg zu kaufen. Die anderen Modelle zum Mieten passen nicht zu ihren Anforderungen. Diese Situation kann es natürlich auch in der IT geben.

Warum bezahlt der Kunde mich eigentlich?

Jetzt habe ich als ITler natürlich Freunde (ja, wirklich!), die auch etwas mit IT zu tun haben: Systemingenieure, Softwareentwickler, Projektleiter und wie sie alle heißen. Was sie gemeinsam haben: Auch sie wissen nicht immer, was ich eigentlich mache. Auf mein klassisches "ich bin Service Manager" folgte kürzlich „und wer bezahlt Geld dafür?". Klar leisten sich die Kunden den Mehrwert eines Service Managers, aber warum eigentlich? Die Beantwortung dieser Frage muss der Kern der Aufgabenbeschreibung eines Service Managers sein.

Ist es nicht so, dass Kunden häufig schon wissen, was sie brauchen? Die gesuchten Leistungen ausschreiben und möglichst standardisiert und kosteneffizient bei einem IT-Dienstleister einkaufen wollen? [Wir nehmen hier an, dass eine Entscheidung für eine Sourcing-Strategie getroffen wurde]. Wenn diese Services beschafft und durch einen IT-Dienstleister bereitgestellt und betrieben werden, warum sollte der Kunde noch einen Service Manager engagieren? Die Services sind doch alle zu 100 % genau beschrieben, ihre Abhängigkeiten untereinander völlig klar und getestet. Außerdem gibt es überall Selfservices und maximale Automatisierung. Die Störungs- und Änderungsprozesse laufen zu 100 Prozent SLA-konform. Eskalationen gibt es faktisch nicht. Ebenso werden Services kontinuierlich verbessert und unterbrechungsfrei bereitgestellt.

Der erfahrene ITler merkt spätestens jetzt, dass dies eher nach Wunschkonzert klingt und ich die erlebte Realität überziehe. Was die Übertreibung aber erkenntlich macht, ist eine Erwartungshaltung, wie die IT heute funktionieren sollte. Zumindest in der Vorstellung. Denn tatsächlich ist die technische und organisatorische Komplexität der IT-Systeme, gepaart mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Services, Tools, Prozessen und Organisationen so groß geworden, dass eine solch statische Vorstellung - wie oben beschrieben - nicht nur sehr teuer, sondern auch sehr kurzlebig wäre.

Epilog: Meine Daseinsberechtigung

Genau hier entsteht der Mehrwert von Service Managern. Denn nicht nur beim IT-Dienstleister ist die Veränderungsrate hoch, sondern auch bei Kunden. Neue (digitale) Geschäftsmodelle, die Anreicherung bestehender Geschäftsmodelle mit BI & KI sowie die interne Digitalisierung erfordern eine kontinuierliche Abstimmung zwischen Kunde und IT-Dienstleister:

  • Neue Services müssen immer wieder designed, alte dekommissioniert werden.
  • Laufende Services bedürfen einer kontinuierlichen Qualitätssicherung sowie der aktiven Steuerung von Incidents und Changes.
  • Verträge und Compliance müssen überwacht und reportet werden.
  • Service Lieferketten (SLA/OLA) gilt es fortwährend zu überwachen und zu adjustieren.
  • Ebenso müssen interne und externe Stakeholder stets den aktuellen Stand kennen und informiert werden.

Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, aber bereits hier wird klar: Diese individuelle Kommunikation zwischen Kunde und Dienstleister erledigt sich nicht von selbst und geschieht erst recht nicht automatisiert. Service Manager sind Vermittler, gleichen Reifegradunterschiede zwischen den Parteien aus und unterstützen die stetige Weiterentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in den betroffenen Organisationen. Genau das tue ich Tag für Tag – aber mein Vorteil gegenüber Feen mit Zauberkraft ist immerhin: ich erfülle tatsächlich echte Wünsche unserer Kunden!

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